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Ladinische Legenden, Sagen und Geschichten der Dolomiten

Eine Sammlung von Sagen und volkstümlichen Geschichten der ladinischen Täler

Es ist nicht viel Zeit vergangen, dass die Bewohner der Dolomiten überzeugt waren, ihre Berge seien von mystischen Figuren, Geistern, Rittern, Helden, Hexen und Ungeheuren bewohnt. Lange Zeit haben die Einwohner Ladiniens nicht den Mut besessen, die Landschaften in den Bergen zu erforschen, vor Angst und Respekt gegenüber den Geistern, die sie bewohnten. Wahrscheinlich ist die Phantasie der lokalen Bevölkerung durch die Schönheit der Berge und der umliegenden Natur, welche zu diesen Glaubensüberzeugungen geführt haben, beeinflusst worden.

Von dieser Phantasie finden wir noch Spuren in den übertragenen Legenden und in den vielen Volkserzählungen, die bis in unserer Zeit lange mündlich weiter vererbt wurden. In den ladinischen Familien bot sich vielfach die Gelegenheit Sagen und Geschichten zu erzählen, vor allem in den kalten Wintermonaten, während dessen die Familien viel im Haus tätig waren. In der stüa (Stube) wurde die Wolle gesponnen, Festkleider genäht und unter anderem auch einige landwirtschaftliche Geräte repariert.

Diese Gelegenheiten wurden genutzt um die vielen Volkserzählungen der jüngeren Generation weiterzuvererben. Die Hauptfiguren dieser Geschichten waren die gutmütigen Salvans und die Ganes (Männer und Frauen der Wildnis), die anguane (Wassernixen), die Zwerge und andere mystische Figuren, welche mit der ladinischen Bevölkerung interagierten, wenn auch mit einer gewissen Distanz gegenüber.

Wie jede achtungsvolle Erzählung, so haben auch die ladinischen Geschichten ihre boshaften Figuren, wie z.B. Hexen und Hexenmeister, Drachen und Ungeheuren. Die Einwohner unserer Täler haben diese Figuren verwendet um Ereignisse zwischen Abstrusität und Wirklichkeit zu verbinden und sich diese eigenartigen Phänomene erklären zu können. In den Erzählungen der Dolomiten wird nicht zwischen Geschichte und Legende unterschieden. Ihre Funktion ist jedoch Leser und Zuhörer zurück in die Vergangenheit zu führen, wo man die sensible Beziehung zwischen Mensch und Erde zu spüren bekommt und die ladinische Identität, anhand einer bildhaften Erklärung der Phänomene und des natürlichen Vorkommens in den Dolomiten, besser verstehen kann.

Viele ladinische Ortschaften tragen Namen, welche natürliche Zusammensetzungen sind, aber auch ihre Wurzel in den alten Legenden finden, die auf mysteriöse Ereignisse der damaligen Zeiten berufen. In der Geschichte Ladiniens ist dies eine der vielen Seiten, welche nie dokumentiert wurden, bis zwei wichtige Persönlichkeiten, Karl Felix Wolff und Hugo Rossi, in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts leidenschaftlich dieses Kulturerbe der ladinischen Täler gesammelt und aufgezeichnet haben. Dank ihrer Leistung sind, das alte Reich der Fanes mit allerhand mysteriöse und mythologische Gestalten, die Bündnisse zwischen Mensch und Tier und die stark mit dem Gebiet verbundenen Abenteuer, nicht verloren gegangen.

Die Uniuns Di Ladins (ladinischer Verband) der ladinischen Täler hat sich vor einigen Jahren mit diesem Thema auseinandergesetzt und dank einer lobenswerte Zusammenarbeit und Leidenschaft für die eigene Kultur, konnte ein Teil dieses kulturellen Gutes in einem Buch zusammengefasst und veröffentlicht werden.

Eine der schönsten und bekanntesten Sagen des Kreises beschreibt die Geburt der Dolomiten und ihre besondere bleiche Farbe.
Sie erzählt von einem alten Reich, und von seinen dunklen Bergen wie sie im Rest der Alpen bekannt sind. Eines Tages heiratete der Prinz die Tochter des Mondes. Das Mädchen war von überirdischer Schönheit und sehr liebenswürdig, doch sie hatte so große Sehnsucht nach ihrem Heimatsort, dass sie in Lebensgefahr. Der Prinz grübelte über eine Lösung nach und entschied sich einen Pakt mit den salvans zu schließen. Die salvans waren ein weises Volk und sie kannten und beschützten liebevoll die Geheimnisse der Natur. Der Prinz versprach ihnen Schutz und ewigen Aufenthalt in den Bergen und Wäldern der Dolomiten, wenn sie die Felsen mit einem weißen Mondkleid bezogen hätten. Und so geschah es. In einer einzigen Nacht spannen die salvans die Strahlen des Mondes und webten diese zu einem engmaschigen Netz aus Licht und Silberfäden zusammen. Das gesamte Land wurde mit einem Kleid zart wie Blässe des Mondes überzogen und es leuchtete in seinen schönsten Farben. Obwohl der Schluss der Legende vom Untergang des alten Reiches erzählt, kann man immer noch die Gegenwart der salvans in den Wäldern und auf den Almwiesen spüren und das Strahlen der Berggipfel im hellen Mondschein bewundern. Die Menschen nennen sie die Bleichen Berge.

Dieser Text beschreibt unserer Meinung nach die ladinischen Mythen, Legenden, Geschichten und Volkserzählungen am besten. Sie sind in der Lage Leser und Zuhörer in den Zauber und Rätsel der Geschehnisse hineinzuversetzen. Die Legenden und Geschichten der Ladiner sind Teil des sprachlichen und kulturellen Erbgutes. Es sind Aufmerksamkeitserregende Erzählungen, welche vor allem für Kinder, aber auch für Erwachsene geeignet sind, denn sie führen beide in einer Phantasiewelt umwoben von der Magie jedes einzelnen Ereignisses.

Wir legen Wert darauf, euch einige dieser Erzählungen vorzustellen, überlassen aber den zahlreichen Büchern die Aufgabe diese zu vertiefen. Wir zeigen euch virtuell die Gebiete wo die ladinischen Legenden und Erzählungen ihren Ursprung gehabt haben.



Für die Fassung dieser Texte wurde unter anderem das Buch „An cunta che…“ verwendet. Die Erzählungen wurden von Lydia Zingerle verfasst und die Zeichnungen stammen aus der Hand von Emma Maneschg. Das Werk wurde von der Uniun di Ladins in ladinischer Sprache veröffentlicht.

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